Sukhothai
Sukhothai ist die Wiege Thailands. Unter der Herrschaft des Königs Ramkhamhaeng gedieh das gleichnamige Reich mit seiner Hauptstadt zur vollen Pracht. Der Buddhismus hielt Einzug ins Königreich und die thailändische Schrift – wie sie grundsätzlich auch heute noch verwendet wird – entwickelte sich (oder wie es die nationalisierte Version der thailändischen Geschichte vorsieht: wurde von König Ramkhamhaeng erstmals vollumfassend aufgezeichnet). Hinduistischer und buddhistischer Spiritualismus trafen aufeinander, vermischten sich mit animistischen Vorstellungen. Eine schriftlose und und traditionelle Bevölkerung wurde mit neuen Werten und einer fremden Kultur vertraut gemacht. So entwickelte sich eine heterogene und offene Gesellschaft, reich an Vielfalt wie sie heute noch für Thailand steht.
Doch Sukhothais Macht überdauerte nur einen kurzen Moment; nach etwa 150 Jahren war Ayutthaya zum neuen Handels- und Machtzentrum geworden. Sukhothai wurde nicht über Nacht von fremden Truppen erobert und zerstört – so wie es später einmal mit Ayutthaya geschehen sollte – es blutete aus und verblasste.
Neben dem historischen Sukhothai, das nicht einmal halb so groß ist wie das historische Ayutthaya, hat sich die neue Stadt Sukhothai gebildet. Sie ist eine typische Thai-Stadt; das Tor zum Norden und umgeben von grünen Hügeln und Reisfeldern.
Auf Fahrrädern rollen wir durch den Geschichtspark. Fast immer sind wir an diesem heißen Nachmittag die einzigen Menschen, die zwischen den Ruinen der Tempelanlagen umherstreunern. Bis auf einen Mann, der mit seiner Gitarre aus dem Gebüsch stolpert, einen Bob-Marley-Song anstimmt und sich nach der Hälfte des Liedes selbst unterbricht, um genau so rasch wieder im Gebüsch zu verschwinden.
Die Tempel innerhalb der Stadtmauern sind relativ gut erhalten, alles was außerhalb steht ist fast bis zur Unkenntlichkeit zerfallen. Der Park ist gepflegt, überall sind Blumen gepflanzt und es macht einfach nur Spaß, hier zu sein. Schließlich warten wir vor einer besonders schönen Buddhastatue des zentralen Wat Mahathat auf den Sonnenuntergang. Heute zeigt er sich in sanften Lilatönen.
Am nächsten Morgen fahren wir in den nahegelegenen Geschichtspark Si Satchanalai. Eine weitere Stätte voller Ruinen, deren historische Bedeutung wir kaum ermessen können. In den Tempelgängen und hohlen Stupas hängen hunderte Fledermäuse. Ein Rudel Straßenhunde jagt über eine Wiese. Was wird von unserer Zivilisation bleiben? Von der Innenstadt Tokyos, den Werbetafeln am Times Square, dem U-Bahnnetz Londons, den Türmen Dubais? Werden in 500 Jahren Familien zu diesen Orten pilgern, um die letzten Überbleibsel längst vergessener Menschen und Reiche zu sehen?
Infos zu unserer Reise
Zugegeben: Sukhothai hat nicht wirklich viel zu bieten, insbesondere im direkten Vergleich zum besser erreichbaren Ayutthaya, das sich als Tagesausflug von Bangkok gut besichtigen lässt. Falls ihr aber sowieso auf dem Weg in den Norden – bspw. nach Chiang Mai oder Chiang Rai seid – dann ist Sukhothai ein empfehlenswerter Zwischenstopp. Ein ganzer Tag reicht auf jeden Fall aus, um den Geschichtspark entspannt zu erkunden. Bleibt einen weiteren Tag, wenn ihr noch einmal durch das neue Sukhothai schlendern und den Si Satchanalai Geschichtspark erkunden wollt. So oder so: Ein gewisses Interesse für Thailands Geschichte und Ruinen im Allgemeinen solltet ihr schon mitbringen.
Bis auf Chiang Mai ist der Norden Thailands ziemlich günstig – das macht sich bereits in Sukhothai bemerkbar.
Wir übernachteten im historischen Sukhothai und aßen – auch der eher geringen Auswahl geschuldet – während unseres Aufenthaltes in einem einfachen Thairestaurant in der Nähe unseres Hotels. Die Speisen im Sureerat Restaurant waren lecker und günstig, damit macht ihr nichts falsch.
Im Prinzip steht ihr vor der Wahl, entweder im neuen oder im historischen Stadtgebiet von Sukhothai zu übernachten. Für Neu-Sukhothai spricht die Nähe zum Busbahnhof (an dem ihr womöglich ankommt und von dem ihr dann auch früh morgens abfahren müsst) sowie eine größere Auswahl an Hotels und Restaurants und überhaupt etwas mehr Leben um euch herum.
Wer mobil ist und / oder mehr Ruhe möchte, quatiert sich im historischen Sukhothai ein. Wir übernachteten im Sukhothai Garden – ein sehr schönes, kleines Hotel mit kostenlosem Fahrradverleih und tollem Frühstück. In nicht einmal 5 Minuten seid ihr mit dem Fahrrad im historischen Park.
Sukhothai ist keine überlaufene Touristenattraktion und überhaupt ein eher ruhigeres Städtchen. Daher schätzen wir es als ziemlich sicher ein.
Die thailändische Gesellschaft ist sehr offenherzig und vernarrt in Kinder. Nicht selten stand eine Traube von Thais (hauptsächlich Frauen) um unseren Jungen herum. Der Umgang der Thais ist ein anderer, wie wir ihn in Europa gewöhnt sind. Wir würden niemals zu einem fremden Kind gehen und es auf den Arm nehmen wollen. In Thailand passiert dies ständig – vorher wird nicht einmal gefragt. Stellt euch auch darauf ein, dass die Thais Fotos von euren Kindern machen werden – oft ungefragt. Da wird dann schnell das Smartphone gezückt und rasch ein Selfie mit dem blonden, kleinen Farang (Ausländer) gemacht. Überlegt euch, wie ihr dieser – aus unserer westlich geprägten Sicht – grenzüberschreitenden Verhaltensweise begegnen wollt. Nicht immer werder ihr sie verhindern können. Seid respektvoll und lächelt und gebt eurem Gegenüber zu verstehen, dass ihr ein wenig mehr Abstand möchtet. Gleichzeitig seid ihr mit Kindern überall noch willkommener und sehr häufig wurden wir bevorzugt behandelt (bspw. in Warteschlangen).
Erwartet allerdings nirgendwo extra Wickelräume – oft sind die Sanitäranlagen ohnehin in einem unzureichenden Zustand. Nehmt also Feuchttücher und Desinfektionsgel mit. Grundlegenden Babybedarf erhaltet ihr in jedem 7/11 oder Supermarkt. Windeln sind nicht ganz günstig und häufig nur in großen Packungen erhältlich. Den Kinderwagen/Baggy lasst ihr am besten zu Hause. In der Regel sind die Bürgersteige zu schlecht und gerade in Bangkok gibt es zu viele Füßgänger und Autos, sodass ihr damit keinen Spaß haben werdet. Am flexibelsten ist eine Trage.
Wir reisten mit dem eigenen Minivan von Bangkok aus an und allein die Strecke nach Sukhothai war unheimlich idyllisch. Die Stadt verfügt aber natürlich auch über einen gut ausgebauten Busterminal, der Sukhothai mit allen anderen größeren Städten, zumindest aber mit Umweg über Bangkok, verbindet. Vom Busterminal nehmt ihr dann ein Taxi zu eurer Unterkunft bzw. zum historischen Park. Falls ihr ebenfalls den Geschichtspark Si Satchanalai besuchen wollt, sucht einen Tourenanbieter in Neu-Sukhothai auf oder fragt in eurer Unterkunft nach.
- Für die richtig Geschichtsbegeisterten unter euch empfehlen wir das leider schon vergriffene Sukhothai: Its History, Culture, and Art von Betty Gosling – vielleicht findet ihr eine gebrauchte Ausgabe
- Eine sehr gute Einführung in Thailands Geschichte allgemein findet ihr in Thailand’s Political History: From the 13th Century to Recent Times von B. J. Terwiel