Im April 2020 sollte es los gehen. Die Abschiedsparty war gefeiert, die Wohnung aufgegeben, die Jobs gekündigt. Am 22. März gab die Bundesregierung den ersten Lockdown bekannt, um die ungehinderte Ausbreitung des Corona-Virus aufzuhalten. Wir verschoben den Start der Reise um einige Wochen. Als zunehmend Länder ihre Grenzen schlossen wurde uns klar, dass eine Reise über Land – ohne zu fliegen – auf unbestimmte Zeit unmöglich sein würde. Ein Flug in eines der wenigen Länder, die eine sehr begrenzte Form von Tourismus noch zuließen, war für uns keine Option.
Erst einmal ging alles schief
Also kauften wir uns einen günstigen Geländewagen – einen Suzuki Vitara. Wir hatten Zeit und Langeweile und den Plan, das Auto wieder fit zu machen, um perspektivisch damit durch Europa zu touren. Also verbrachten wir ganze Wochen am und unter dem Auto, schliffen den Rost ab, sprühten FLUID Film in jeden Hohlraum, lackierten das ein oder andere Teile, bohrten Gewinde nach, tauschten alle Filter. Letztendlich fuhren wir den Suzuki in die Werkstatt für einen Satz neue Reifen und den Tausch der Steuerkette. Unsere Pechsträhne schlug wieder einmal zu: Die Werkstatt machte sich rar und teilte uns irgendwann mit: Das Auto habe einen kapitalen Motorschaden. Der Mechaniker stritt jede Schuld von sich, beim Tausch der Steuerkette einen Fehler begangen zu haben.
Der Totalverlust und das bereits investierte Geld rissen ein großes Loch in unsere Reisekasse. Wir hatten Jobs im sozialen Bereich gefunden, die uns über Wasser hielten. Außerdem waren wir zwischenzeitlich bei Vanys Eltern untergekommen. Das musste sich nun ändern – also suchten wir wieder eine eigene Wohnung und fanden eine. An Weltreise war da nicht mehr zu denken. Noch immer wütete Corona und unser Erspartes war zu neige gegangen. Wir fanden uns – materiell und emotional – auf dem absoluten Tiefpunkt. Keine Jobs, in denen wir arbeiten wollten, kaum noch Geld auf der hohen Kante, keine Perspektive und bislang keine Wohnung. Zumindest letzteres hatte sich nun geändert.
Zeit für einen Neuanfang
Wie kommt man wieder auf die Beine, wenn man am Boden ist? Für uns lautete die Antwort: einfach Aufstehen und weitermachen.
In unserer eigenen Wohnung fühlte sich das Leben schon wieder besser an. Anfang 2021 fand Chris einen Job als Lehrer für Geflüchtete, Vany im Kindergarten. Das entsprach noch immer nicht unseren Studienabschlüssen, war aber besser bezahlt. In unserer Garage stand das Dachzelt, das wir bereits für unseren Suzuki gekauft hatten. Das Auto waren wir noch für etwas Geld losgeworden. Nun brauchten wir ein Neues. Nicht weit von uns entfernt, fanden wir den idealen fahrbaren Untersatz: einen Honda CR-V von 2001. Ein großartiges Auto, das wir sofort liebten.
Im Sommer 2021 fuhren wir damit bis nach Albanien und erlebten eine großartige Zeit. Im Rückblick war dies unser Wendepunkt, an dem es wieder besser wurde.
Erst fand Vany einen Job, der ganz ihren Vorstellungen entsprach, kurz darauf auch Chris. Es fühlte sich verdammt gut an, etwas zu tun, das wir studiert hatten und zuzusehen, wie im Jahr 2022 eine Coronabeschränkung nach der anderen aufgehoben wurde.
Endlich waren Fernreisen wieder relativ problemlos möglich. Der erste Flug seit langem führte uns nach Andalusien, anschließend in die Arabischen Emirate und auf die Seychellen. Wir würden bald Eltern werden und die Seychellen waren der perfekte Ort, noch ein paar Tage das Paradies zu genießen, bevor unser kleiner Mann geboren werden würde.
Die Welt änderte sich - und damit auch das Reisen
Anfang 2022 hatte Russland die Ukraine angegriffen. Auch in Afrika schwelten Brandherde, bspw. im Sudan. In Afghanistan kamen die Taliban an die Macht. Dazu das gewohnte Säbelrasseln aus Nordkorea und dem Iran. Nach zwei Jahren Stillstand durch Corona war die Welt zum Leben erwacht. Die Machtverhältnisse waren dabei, sich zu verschieben. Das machte das Leben für Millionen von Menschen nicht gerade besser und viele Länder unsicherer.
Im September 2022 kam unser kleiner Mann zur Welt. Ein neues Leben als Familie begann. Während uns Freunde und Bekannte prophezeiten, nun würden wir ja wohl weniger reisen, juckte es uns schon in den Fingern. Obwohl die Weltreise erst einmal nach hinten gerückt war, wartete bereits eine ganze Schublade voller Reiseideen auf Verwicklichung. Ganz klar: Das Reisen in der Welt nach Corona, mit neuen Kriegen und politischen Machtkämpfen; überhaupt das Reisen zu dritt würde ein anderes sein. Aber unsere Reiselust war größer denn je. Wir würden Wege und Möglichkeiten finden, die uns als Familie gerecht werden würden.
So sehr wir unseren blauen Babyface-Honda liebten, wollten wir etwas Gröberes für richtig schlechte Straßen. Im Balkan war der CR-V an seine Grenzen gekommen. Außerdem braucht so ein kleiner Mensch eine Menge an Zeug. Schließlich fanden wir unser Traumauto: einen Toyota Hilux. Auch er hat mehr Rost unten rum, als er haben sollte, aber das ist eine Krankheit, die nahezu alle Pickups und Geländefahrzeuge haben. Eines Tages wird er vielleicht den Rosttod sterben, aber solange wird er nun unser Begleiter sien.
Und nun?
Demnächst kommt Herr Lux – wie wir das Auto getauft haben – in die Werkstatt. Ein neues Fahrwerk, neue Reifen, eine große Inspektion. Im Frühsommer planen wir bereits unsere erste Tour: Vany, Chris, der kleiner Mann und Herr Lux.
Diesen Blog werden wir nach und nach mit Leben füllen: Inspirationen und Bilder zu unseren Reisen, Beiträge zum Umbau von Herrn Lux und auch zum Thema Reisen mit Baby / Kind.
Was mit der Weltreise ist, wissen wir noch nicht. Gewiss werden wir noch dazu aufbrechen. Wann, wie und wohin: das steht nicht fest. Erst einmal muss unser kleiner Mann ein wenig größer werden.