Chiang Rai
Eine Region in den Bergen, im Nordosten begrenzt durch den mächtigen Mekong. Eingerahmt von Myanmar und Laos, an der schmalsten Stelle sind es nur etwas über 100 Kilometer nach China. Ein wenig verloren zwischen Teeplantagen und Urwald, abseits der Touristenhauptroute. Eine Provinz voller Abenteuer und Schmugglergeschichten – das ist Chiang Rai.
Der weiße Tempel Wat Rong Khun ist weit über Thailands Grenze hinaus bekannt. Ein Kunstwerk, ein Tempel, eine Lebensaufgabe, eine Touristenattraktion, ein Ort der spirituellen Erleuchtung. Hier ist alles Kitsch, hier ist alles zu viel des Guten. Und dennoch ist es wunderschön.
Zur Haupthalle des Tempel führt eine Brücke. Davor hunderte Hände, die sich aus dem Boden strecken. Die Handflächen gierig geöffnet greifen sie nach allem, was sie fassen können. Der Weg zu Glück und geistiger Freiheit führt vorbei an diesen elendigen Kreaturen, die alles wollen, am Ende jedoch zur Armut verdammt sind.
Den Nachmittag in Chiang Rai verbringen wir an der alten Landebahn des Militärflugplatzes am Stadtrand. Es ist ein entspannter Ort, um mit Thais ins Gespräch zu kommen. Senioren nutzen die kühleren Stunden am fortgeschrittenen Tag für Sportübungen: Tai-Chi, Fahrradfahren, eine Runde mit dem Hund oder ein gemütlicher Abendspaziergang. Wir ernten Lächeln und Kopfnicken, nicht viele Ausländer verirren sich hierher.
Abends dann ein Rundgang durch die Stadt. Auf einer Kreuzung steht der Clock Tower, goldschimmernd im Licht der Straßenlaternen. Kein Foto gelingt, immer wieder staut sich der Verkehr vor der Kamera. Der Nacht-Basar wirkt verschlafen, die meisten Touristen bleiben im südlicher gelegenen Chiang Mai hängen. Die Hauptstraße ist leergefegt. Einer dunklen Gasse folgend gelangen wir zum Fluss. Der Blick fällt in die offenen Wohnzimmer der schönen, alten Holzhäuser. Familien haben sich darin vor ihren Fernsehern versammelt.
Der Morgen ist ein früher. Noch weit vor Sonnenaufgang jagen wir unseren Bus durch die Dunkelheit und schlängeln uns eine kurvenreiche Straße entlang nach oben. Umso höher wir kommen, desto dichter umgibt uns Morgennebel. Mal ragt ein Ast oder eine Liane aus dem Nichts auf die Fahrbahn, mal huscht der Schemen eines Tiers über den Asphalt. Wir sind orientierungslos, folgen einfach nur der Straßenmakierung.
Dann gleitet unser Bus aus dem Nebel und müde Händler blinzeln uns im Scheinwerferlicht entgegen. Neben uns ist noch eine kleine Gruppe Thais gekommen, zwei Kuppelzelte stehen unweit des Parkplatzes. Phu Chi Fah ist kein Geheimtipp, aber überlaufen ist der Berggipfel noch lange nicht. Wohl auch wegen der frühen Uhrzeit, zu der man für einen spektakulären Sonnenaufgang anreisen muss.
Nach einem kurzen Anstieg liegt sie vor uns, die hüglige Leere Laos. Unser Aussichtspunkt befindet sich haargenau an der Grenze zwischen Thailand und Laos. Der spektakuläre Sonnenaufgang bleibt diesen Morgen aus – zu diesig, zu feucht. Und doch ist es ein magischer Moment, als es die ersten Sonnenstrahlen über den Horizont schaffen.
Später am Tag helfen ein heißer Kaffee und eine eiskalte Kokosnuss gegen die Müdigkeit des frühen Aufstehens. Wir schauen auf Laos, wir schauen auf Myanmar – wir sind am Goldenen Länderdreieck. Hier fließt der Ruak-Fluss in den Mekong. Die klimatisierten Räume des Opium-Museums bieten Abkühlung. Die gesamte Region war einmal ein Opiumzentrum, noch immer gibt es in den Bergen Myanmars verborgene Produktionsstätten.
Mittagessen in Tachilek und dann geht es weiter in den westlichen Teil der Provinz. Über wunderschöne Bergstraßen und durch weite Teeplantagen fahren wir bergauf und bergab. Alles was wir sehen sind Bemühungen der Regierung, den Opiumanbau einzudämmen: Tourismus, Infrastruktur, Tee- als Alternative zu Opiumanbau. Vor wenigen Jahrzehnten war dies eine wilde und gefährliche Region. Heute ist sie gezähmt – zumindest auf thailändischer Seite.
Chiang Rai ist ursprünglicher als das angrenzende Chiang Mai. Es ist weniger touristisch, hat weniger an Action und Aufregung zu bieten, ist wilder. Maximal weit entfernt von den Stränden im Süden ist Chiang Rai eine Provinz, die in vielen Reiserouten keinen Platz mehr findet. Das macht sie für uns umso schöner.
Infos zu unserer Reise
Uns gefiel Chiang Rai besser wie Chiang Mai, obwohl es viel weniger zu bieten hat. Die Stadt ist sehr verschlafen und ehrlicherweise keine Reise Wert, aber uns beeindruckten die Geschichten rund um das Goldene Dreieck und die geographische Nähe zu Laos und Myanmar beziehungsweise der kulturelle Einfluss, den alle drei Länder in dieser Region aufeinander haben. Außerdem empfanden wir es als erfrischend, fast ausschließlich von Thais und nicht von anderen Ausländern umgeben zu sein. Der Ausflug zum Phu Chi Fa auf über 1.600 Meter war ein echtes Highlight und wird uns immer in guter Erinnerung bleiben.
Chiang Rai ist ziemlich günstig, wohl auch, da es eher Thai-Touristen anzieht und noch nicht auf der Karte aller Backpacker gelandet ist.
Wir waren in Chiang Rai viel unterwegs, gerade in Regionen ohne richtige Restaurants. Daher haben wir in der Regel an irgendeinem Imbiss oder Straßenstand gehalten und etwas gegessen. In der Stadt selbst sind Restaurants rar gesät und wir taten uns schwer, etwas Gutes zu finden. Unsere Empfehlung: Haltet euch eher an einfache, thailändische Restaurants, insbesondere für das Mittagessen. Wir waren unweit unseres Guesthouses in einem Nudelrestaurant, wo es schlichte und günstige Gerichte gab.
Uneingeschränkt können wir euch das Homey Dormy Chiangrai empfehlen. Es liegt zwar eher am Stadtrand, ist aber perfekt sauber, schön eingerichtet und ziemlich günstig. Wir fühlten uns rundum wohl.
Die Stadt schien uns sehr verschlafen und sicher. Ein unschönes Erlebnis hatten wir im Dschungel, als wir gerade für eine kurze Pause rasteten und die Aussicht genossen. Plötzlich tauchte aus dem Dickicht ein kaum bekleideter Mann Gewehr auf und steuerte zielstrebig auf uns zu. Kurz bevor er zu uns gelangte bog er ab und verschwand wieder im Dschungel. Ob der Mann es auf uns abgesehen hatte, können wir nicht sagen (eher nicht), aber dies war das einzige negative (!) Erlebnis, das uns jemals in Thailand zugestoßen ist. Es soll jedoch keineswegs für die Provinz Chiang Rai stehen, sondern vielmehr zeigen, dass ihr immer und überall in unangenehme Situationen geraten könnt (auch in Europa) – das macht nicht gleich das ganze Land zu einem sicheren oder unsicheren Reiseland.
Die thailändische Gesellschaft ist sehr offenherzig und vernarrt in Kinder. Nicht selten stand eine Traube von Thais (hauptsächlich Frauen) um unseren Jungen herum. Der Umgang der Thais ist ein anderer, wie wir ihn in Europa gewöhnt sind. Wir würden niemals zu einem fremden Kind gehen und es auf den Arm nehmen wollen. In Thailand passiert dies ständig – vorher wird nicht einmal gefragt. Stellt euch auch darauf ein, dass die Thais Fotos von euren Kindern machen werden – oft ungefragt. Da wird dann schnell das Smartphone gezückt und rasch ein Selfie mit dem blonden, kleinen Farang (Ausländer) gemacht. Überlegt euch, wie ihr dieser – aus unserer westlich geprägten Sicht – grenzüberschreitenden Verhaltensweise begegnen wollt. Nicht immer werder ihr sie verhindern können. Seid respektvoll und lächelt und gebt eurem Gegenüber zu verstehen, dass ihr ein wenig mehr Abstand möchtet. Gleichzeitig seid ihr mit Kindern überall noch willkommener und sehr häufig wurden wir bevorzugt behandelt (bspw. in Warteschlangen).
Erwartet allerdings nirgendwo extra Wickelräume – oft sind die Sanitäranlagen ohnehin in einem unzureichenden Zustand. Nehmt also Feuchttücher und Desinfektionsgel mit. Grundlegenden Babybedarf erhaltet ihr in jedem 7/11 oder Supermarkt. Windeln sind nicht ganz günstig und häufig nur in großen Packungen erhältlich. Den Kinderwagen/Baggy lasst ihr am besten zu Hause. In der Regel sind die Bürgersteige zu schlecht und gerade in Bangkok gibt es zu viele Füßgänger und Autos, sodass ihr damit keinen Spaß haben werdet. Am flexibelsten ist eine Trage.
Für Chiang Rai empfehlen wir euch unbedingt ein eigenes Fortbewegungsmittel, sei es ein Auto oder ein Roller. Hier herrscht ohnehin nicht viel Verkehr, dementsprechend spricht nichts gegen einen Mietwagen. So seid ihr voll flexibel und könnt einzigartige Orte wie Phu Chi Fah oder das Goldene Dreieck auf eigene Faust erkunden.
- Eine sehr gute Einführung in Thailands Geschichte allgemein findet ihr in Thailand’s Political History: From the 13th Century to Recent Times von B. J. Terwiel