Vereinigte Arabische Emirate
Für die einen ist Dubai ein vielversprechender Sehnsuchtsort. Eine glitzernde Wüstenmetropole mit fantastischen Bauten der Superlative. Ein Ort der Reichen und Schönen. Laxe Steuergesetze haben eine einzigartige Umgebung für abenteuermutige Selfmade-Unternehmer und Blogger geschaffen. Der Wüstensand ist das Gold, das Träume in Erfüllung gehen lässt.
Aber es gibt eine zweite Seite, eine andere Deutung. Dubai als Rückzugsort für Steuerbetrüger und Möchtegern-Millionäre, die mit zweifelhaften Geschäftsideen ihr Geld verdienen. Ein zerstörerischer Hunger an Ressourcen. Die Ausbeutung von Gastarbeitern, die das Land am Laufen halten. Der uninspirierte Abklatsch einer sterbenden Welt.
Schon im Frühling brennt die Sonne auf die Wüstenstadt Dubai. Der Strand ist hier ein künstlich geschaffener Ort, der einen zu Spaß und Konsum drängt. Restaurants und Bars, klimatisiert und im sterilen Look des 21. Jahrhunderts, säumen die Strandpromenade. Ein Turm, der nur gegen ein hohes Eintrittsgeld besichtigt werden kann. Dort verkehren Superreiche. Doch wer hier im Luxus Individualität sucht, wird feststellen, dass der Kapitalismus ein Gleichmacher ist.
Eine Jahresdurchschnittstemperatur von 27°C. Doch die Dubai Mall ist eine Welt für sich, hermetisch abgeriegelt von den ariden Außenbedingungen. 22 Meter stürzen Wassermassen herab. Inmitten des Wasserfalls silberne Menschenskulpturen. Sind sie Sinnbild für die Bezwingung der Naturgewalt? Oder ihr Opfer, mitgerissen und wehrlos im Strudel gefangen?
Nicht weit davon entfernt: eine Eislaufbahn und ein gigantisches Aquarium, in dem exotische Fische in immer gleichen Bahnen ihre Kreise ziehen. Schnell wird klar: Diese Welt gehört hier nicht hin. Und irgendwie tut sie es doch.
Über dieses Panoptikum ragt nur wenige hundert Meter weiter der höchste Turm der Erde auf und wirft seinen Schatten über die Stadt.
Manhattan, Shanghai, Tokyo. Eine Mega-City wie die andere. Das Auto als Statussymbol. Wolkenkratzer als Zeichen des Sieges über die Physik. Anonyme Franchise-Shops und wenig Grün. Warum sollte es Dubai anders machen?
In der Abendsonne, wenn die Temperatur erträglicher wird und die Menschen aus ihren Büros und Wohnungen hervorkommen, spiegeln sich Glas und Stahl der Turmfassaden. Die Stadt gleicht einer Kiste voll Gold. Lichter erhellen den Abendhimmel und die Show beginnt.
Entlang der Golf-Küste lassen sich die vier Emirate Schardscha, Adschman, Umm al-Qaiwain und Ra’s al Chaima, letzteres bekannt für seine Perlen, bequem in zwei Tagen abfahren. Sobald wir das Emirat Dubai verlassen haben, begegnen wir kaum noch Touristen. Kleine Moscheen reihen sich an besucherlose Regionalmuseen und alte Verteidigungsanlagen. Abgelegene Landhäuser stehen unweit von baufälligen Siedlungen. Es gibt hier weniger Prunk, dafür umso mehr echtes Leben.
Chris Tip
Dubai und Abu Dhabi sind die zentralen Städte, die die Vereinigten Arabischen Emirate dominieren. Aber sie sind nicht unbedingt repräsentativ für das gesamte Land. Deswegen traut euch auch einmal aus Dubai heraus. Ein Mietwagen kostet nicht viel und der Verkehr fließt entspannt. Außerdem ist reisen in den Emiraten sehr sicher und ihr könnt euch frei bewegen. Ideale Bedingungen, um andere Facetten kennenzulernen und in Kontakt zu verschiedenen Menschen zu kommen. Am interessantesten ist wohl das Emirat Fujairah, in dem ihr ebenfalls eine ausreichende touristische Infrastruktur und genügend Sehenswürdigkeiten für zwei Tage vorfindet.
Kamele stehen am Fahrbandrand und fressen die harten Blätter der kargen Büsche. Die Strandpromenaden sind nahezu verlassen. Hier und da wird der Versuch sichtbar, den Tourismus raus aus Dubai zu tragen, hinein in die hinteren Ecken des Landes.
Im Westen am Golf von Oman liegt das Emirat Fudschaira. Entlang der Hauptstraße sind Hochhäuser gewachsen, den Stadtrand säumen Shopping Malls. Das Stadtbild ist geprägt vom Fort aus dem 16. Jahrhundert und der zweitgrößten Moschee des Landes.
Die Sheikh Zayed Moschee in Fudschaira hat sechs Minarette, wie sie nur die größten und prächtigsten Moschen haben. Der Teppich im Gebetsraum ist in Belgien geknüpft. Ein tonnenschwerer, goldener Kronleuchter hängt darüber. Die Moschee bietet Platz für etwa 14.000 Menschen. Hier ist wenig Raum für Demut. Dieser Ort soll beeindrucken.
Im nördlich gelegenen Khorfakkan wurde 2020 ein Amphitheater eröffnet, ein Nachbau der Antike. Die wahre Geschichte des Landes liegt jedoch verborgen in Sand und Gestein. Zahlreiche Forts und Residenzen, erbaut von Scheichs und Emiren im letzten Jahrhundert, liegen versteckt in den Bergen. Sie zeugen von einer Zeit, als dies noch ein armes Land war, durch das Nomaden und Wüstenstämme zogen.
So zum Beispiel das Al Hayl Fort. Es hat den Anschein, dass sich kaum ein Urlauber hierher verirrt. Ein junger Mann aus Bangladesch wohnt etwas abseits in einer Baracke. Er trägt die Uniform eines Sicherheitsmannes und führt stolz durch die aus Lehm errichteten Gebäude. Den Horizont säumen schroffe Berge. Eine kleine Oase mit Dattelpalmen liegt zu deren Füßen.
Der letzte Abend führt uns in die Wüste. Wir lenken unseren Mietwagen über eine staubige Piste, bis wir ihm die Straßenverhältnisse nicht mehr zumuten wollen. Das letzte Licht des Tages taucht die Wüste in warme Töne. Ein Geländewagen braust an uns vorbei und verschwindet hinter einer Düne.
Nach einer Woche Roadtrip durch die Emirate sind wir uns noch immer unsicher, was wir von diesem Land halten sollen.
Das gigantische, künstlich-erschaffene Dubai beeindruckt. Doch es bleibt ein Potemkinsches Dorf. Interessant sind die Geschichten, die abseits dieser Megacity liegen. Vom syrischen Barbier, der vor dem Krieg geflohen ist und nun in Ra’s al Chaima Haare schneidet. Vom Bangladeshi, der von einer glitzernden Metropole träumte, nun aber ein verfallendes Fort in den Bergen bewacht. Der Iraker, der es zum Guide eines Museums gebracht hat, sich aber zurück nach seiner Heimat sehnt.
Diese Menschen geben den Vereinigten Arabischen Emiraten ein Gesicht.
Infos zu unserer Reise
Eine Reise in die VAE lässt sich ausgezeichnet als Zwischenstopp mit anderen Reisezielen (insbesonders auf Langstreckenflügen nach Afrika oder Asien) verbinden, da die Fluggesellschaften Etihad und Emirates in Abu Dhabi bzw. Dubai zwischenlanden. Natürlich gibt es genug Reisende, die sogar ein oder zwei Wochen Urlaub in den Emiraten machen – unserer Meinung gibt es dafür aber weitaus schönere Reiseziele.
Wie viel Zeit ihr hier verbringen möchtet, hängt ganz von euren Wünschen ab. Wir waren 5 Tage in den Emiraten unterwegs, haben das Emirat Abu Dhabi aber ganz ausgelassen. Für Dubai haben wir uns nur 1,5 Tage Zeit genommen, da wir in erster Linie am Rest des Landes interessiert waren. Touristenattraktionen wie Wasserparks, Shoppingtouren, Wüstentouren etc. haben wir aus Prinzip hier nicht unternommen, sondern uns auf (kostenlose) bzw. kulturelle Sights beschränkt. In jedem Emirat findet man ein Nationalmuseum, eine große Mosche und ein Fort. Dazu viel moderne Architektur (die zwar in Staunen versetzt, aber zugleich abschreckendes Beispiel einer unüberlegten, und innovationslosen Stadtplanung ist) und Begegnungen mit Menschen, die eine Geschichte von goldenen Träumen zu erzählen haben. Um diese Geschichten zu hören, geht einfach mal zum Friseur, besucht ein libanesisches Restaurant in einer Seitenstraße oder erkundet ein einsames Fort in den Bergen.
Günstig bis unendlich – so ist das Preisniveau, mehr gibt es kaum zu sagen. In den Städten Dubai und Abu Dhabi gehen die Preise ungefähr bei deutschen Preisen los, in den anderen Emiraten wird es günstiger.
Luxusrestaurants bieten selbstverständliche jede Küche der Welt an. Daneben gibt es die meisten Fastfoodketten. Spannend wird es, wenn ihr dorthin geht, wo vorzugsweise auch Einwanderer essen – das sind oft weniger glamouröse Restaurants, die meistens aber leckeres Essen zu erstaunlich günstigen Preisen anbieten. Ihr findet überwiegend arabische, indische, libanesische oder auch syrische Lokale.
In Dubai ist die Auswahl an günstigen Übernachtungsmöglichkeiten sehr begrenzt. Wir schliefen im Citymax Hotel Bur Dubai, was völlig in Ordnung war. Luxus sucht ihr hier vergeblich, dafür ist das Hotel sauber und der Preis in Ordnung. Aber Achtung: Restaurants und der Zugang zum Öffentlichen Nahverkehr sind etwa 20 Minuten zu Fuß entfernt.
In den anderen Städten findet ihr für weniger Geld schönere Hotels. In Fujairah können wir euch das Concorde Hotel Fujairah empfehlen. Hier bekommt ihr ein tolles Frühstück, habt einen Pool mit schöner Aussicht und luxuriöse Zimmer zu einem bezahlbaren Preis. Allerdings ist das Hotel schon etwas in die Jahre gekommen.
Die Kriminalität in den VAE ist niedrig. Dennoch gibt es – in den Außenbezirken Dubais und auch in anderen Städten der Emirate – verlassene/verwaiste Viertel mit Häuserruinen, in denen wir uns nicht wohl gefühlt haben. Allerdings liegen diese Viertel fernab jeglicher Touristenattraktion und wenn man nicht gerade so neugierig wie wir ist, gibt es keinen Grund, zufällig dorthin zu gelangen.
Größtenteils haben wir die Menschen in den Emiraten als eher distanziert und unpersönlich wahrgenommen. Erfahrungsgemäß ist die arabische Kultur sehr kinderfreundlich. Überall gibt es Angebote für Kinder (Wasserparks, Spielbereiche in Malls) und da ihr ohne eigenes Auto abseits von Dubai und Abu Dhabi sowieso nicht von A nach B kommen werdet, stellt der Transport von Kinderwagen oder mehr Gepäck kein Problem dar. Öffentliche Bereiche, Infrastruktur, Läden und Restaurants sind meistens nicht barrierefrei (noch so ein gravierender Fehler, den die Emirate von anderen Großstädten blind übernommen haben).
Wie bereits zuvor erwähnt: in Dubai und Abu Dhabi kommt ihr prima mit Bahn und Bus zurecht. Möchtet ihr raus aus den Städten und wie wir die anderen Emirate erkunden, benötigt ihr zwingend ein Auto. Zum Glück sind die günstig überall zu mieten. Am besten direkt am Flughafen.