Rayong
Ein Hund trottet über den Sand. Eine Gruppe Thais hat sich zu einem Barbecue um einen Tisch gesetzt. Ein älterer Mann zieht seine Bahnen im Meer. Es ist ein ruhiger Strand, daran ändert auch nichts die Hauptstraße, die entlang der Küste führt. Ein Stück weiter sitzen Jugendliche vor einem 7-Eleven und hören Musik, ein Sportwagen hält und ein Mann samt junge Thaifrau steigen aus. Die Arme des Mannes sind tätowiert, er trägt eine Sonnenbrille, obwohl die Sonne bereits untergegangen ist.
Wir flanieren die Beach Road entlang und kehren in ein Restaurant ein. Thailändische Gerichte stehen auf der Speisekarte. An den Tischen sitzen Europäer: eine Gruppe aus Norwegen. Engländer, aber vor allem Deutsche, die meisten in Begleitung einer Thaifrau.
Rayong ist kein Touristenort. Hier leben Ausländer, denen Pattaya zu laut ist und die Traumstrände der Inseln zu teuer. Es hat kaum etwas zu bieten außer der Urlaubsinsel Koh Samet.
Es ist ein regnerischer Tag. Wir haben uns in einem fensterlosen Hotelzimmer einquartiert, die Stimmung ist gedrückt. Ganz oben auf der To-Do-Liste steht heute „Wäschewaschen“. Auf der Suche nach einem Waschsalon lernen wir die Stadt Rayong näher kennen. Während wir auf das Ende des Waschgangs warten, erkunden wir den Park Suan Si Mueang. Ein plötzlich einsetzender Regenschauer treibt uns zurück. Ein neuer Versuch, während die Wäsche trocknet. Einmal quer durch die Stadt für ein Mittagessen. Eine vielbefahrene Hauptstraße, riesige Werbetafeln, Chaos in den Fußgängerzonen, eine hässliche Mall, ein Foodcourt – endlich Essen.
Schnell holen wir unsere Wäsche ab und fahren raus aus der Stadt zu einer der wenigen Sehenswürdigkeiten, dem Phra Chedi Klang Nam. Er ist am Rande eines Mangrovenwaldes gelegen, durch den schön angelegte Wege führen. Die Infotafeln zu Habitaten und dem Ökosystem Mangrovenwald sind schlecht übersetzt und arm an Informationen. Außer zwei jungen Pärchen und einem Rudel Straßenhunde sind wir die einzigen Besucher.
Es nieselt. Müll hat sich in den Wurzeln der Mangroven verfangen und eine Rudermannschaft zieht an uns vorbei. Fischerboote schaukeln auf und ab im Wellengang.
Wat Samut Khongkharam liegt gegenüber eines Fischerhafens. Eine Brücke führt uns hinüber zu einer Landzunge mit künstlich angelegten Badebuchten. Straßenhändler verkaufen Obst und kalte Getränke, es gibt nette Restaurants und Bars und etwas mehr Leben wie die von uns zuvor aufgesuchten Orte. Es könnte ein schöner Strand, ein schöner Platz am Meer sein, wäre da nicht die Aussicht auf die gigantischen Industrieanlagen direkt am Meer. Rohre, Schornsteine, Tankschiffe – Rayongs Wirtschaft basiert auf Schwerindustrie und Petrochemie.
Die wahre Sehenswürdigkeit Rayongs ist die vorgelagerte Insel Koh Samet. Früher ein beliebtes Reiseziel für Thais, wurde die kleine Insel mittlerweile auch von internationalen Touristen entdeckt. Mit einem alten Fischkutter setzen wir über. Am Pier empfängt uns die Statue einer Riesin. Es ist die Geschichte des Prinzen Aphai Man, der von besagter Riesin gefangen wurde und sich mit einem Schlaflied, auf seiner Flöte gespielt, und dank einer wunderschönen Meerjungfrau befreien konnte.
Wir lassen den überfüllten Pier hinter uns und steuern auf den Sai Kaew Beach zu. Die Restaurants und Bars sind so dicht aneinander gebaut, dass wir nicht sagen können, wo der eine Laden aufhört und der nächste beginnt. Irgendwann finden wir ein gemütliches Plätzchen am Wasser.
Koh Samet war einmal eine Perle. Eine kleine Insel, leicht von Bangkok aus zu erreichen. Fantastische Sonnenuntergänge und frische Luft. Vielleicht haben wir die falschen Strände auf Koh Samet besucht, doch uns engt diese Insel ein. Zu viel Angebot auf zu kleinem Raum. Ein Spaziergang durch den Dschungel – einmal quer über die Insel zur Westseite – ist genau das Richtige.
Mit dem letzten Boot setzen wir wieder über aufs Festland. Rayong ist langweilig, Rayong ist nicht schön. Und vielleicht bis auf Koh Samet ist Rayong gewiss keine Reise wert. Aber mit seiner unaufgeregten Langeweile und Mittelmäßigkeit ist es genau das, was Auswanderer und Langzeiturlauber hier suchen: etwas Strand und ein bezahlbares Leben.
Infos zu unserer Reise
Wir sind vor allem nach Rayong gereist, da es auf dem Weg lag und wir nach Koh Samet wollten. Chris war dort als Kind und auch später das ein oder andere Mal. Er hatte gute Erinnerungen an die Insel, diesmal gefiel sie uns nicht. Gut möglich, dass die Südküste schönere und ruhigere Strände bereithält – wir waren bei unserem letzten Trip nur auf der nördlichen Hälfte. Im Prinzip könnt ihr Koh Samet im Rahmen eines Tagesausfluges entdecken, es ist wirklich klein. Ansonsten eignet sich Koh Samet natürlich auch, um ein paar Tage die Füße hochzulegen – viel zu tun gibt es hier nicht und auch die Strände sind eher schmale, kurze Streifen – deswegen aber nicht weniger schön.
Ansonsten spart euch Rayong, wenn ihr nicht gerade auf der Suche nach einem Ort seid, wo ihr für längere Zeit bleiben oder gar wohnen möchtet. Doch auch hier gibt es schönere Plätze (wie zum Beispiel die Provinz Chanthaburi, die unserer Meinung ruhige und richtig tolle Strände hat).
Während Koh Samet etwas teurer ist (allerdings nicht vergleichbar mit Phuket oder Koh Samui), ist das Preisniveau in der Provinz Rayong allgemein eher durchschnittlich. Es gibt ein paar gute Restaurants, die in erster Linie Europäer ansprechen, ebenso Bars. Aber ein vielfältiges Angebot sieht anders aus.
In der Stadt Rayong hatten wir richtigen Heißhunger auf Pizza und da wir kein offenes, italienisches Restaurant fanden, kehrten wir in einer Filiale der Pizza Company ein. Wir hassen das Essen dort und wissen nicht, was uns da geritten hat. Also: vergesst diese Fastfood-Kette. Esst lieber etwas anderes.
Unser Ressort war weit außerhalb der Stadt in einer Gegend mit Wohngebäuden und Condominiums, in denen viele Ausländer lebten, hauptsächlich Europäer. Auch wenn es ein Treffpunkt für Deutsche war schmeckte uns das günstige Essen im Pama Restaurant sehr gut. Auch die Speisen im Baankao Resort Rayong können wir empfehlen.
Auf Koh Samet ist das Angebot – zumindest im Nordosten – vielfältig, aber nicht unbedingt überall gut. Wir sind in irgendein Strandrestaurant gegangen und es war in Ordnung. Natürlich zahlt ihr hier mehr wie auf dem Festland.
Wenn ihr ein richtig verrücktes Ressort erleben möchtet, dann steigt im Tamnanpar Resort ab (es liegt allerdings weit außerhalb der Stadt, ihr solltet also einen Motorroller oder ein Auto besitzen). Das Resort ist riesig, hat ein großes Schwimmareal mit Wasserrutschen, ein sehr großes Restaurant, unendlich viele Zimmerkategorien und Veranstaltungssäle. Das große Aber: die Anlage ist auf Asiaten ausgelegt und dementsprechend ist alles kitschig und eben etwas anders. Auch muss erwähnt sein, dass das Resort schon in die Jahre gekommen ist und die Sauberkeit zwar okay, aber nicht perfekt war. Ebenso das Frühstück war eher dürftig. Wir erwähnen diese Unterkunft an dieser Stelle nur, weil es die skurrilste Unterkunft war, in der wir je übernachtet haben.
An einem Abend waren wir im Baankao Resort Rayong essen. Obgleich wir dort nicht übernachtet haben, machte die Anlage einen schönen Eindruck auf uns und die Familie, die das Resort betreibt, war sehr nett und herzlich. Sie haben ihre Unterkunft kurz vor der Corona-Pandemie eröffnet und kämpfen seitdem um den Fortbestand.
Auf den Straßen war nicht viel los und außerhalb der Stadt begegneten wir auch nicht vielen Menschen. Womöglich ist das in der Hauptsaison anders, aber wir empfanden Rayong als verschlafen, langweilig und damit als uninteressant für jeden Kriminiellen. Hier sind kaum Touristen unterwegs und damit ist hier auch kaum etwas zu holen. Kurzum: wir fühlten uns rundum sicher.
Die thailändische Gesellschaft ist sehr offenherzig und vernarrt in Kinder. Nicht selten stand eine Traube von Thais (hauptsächlich Frauen) um unseren Jungen herum. Der Umgang der Thais ist ein anderer, wie wir ihn in Europa gewöhnt sind. Wir würden niemals zu einem fremden Kind gehen und es auf den Arm nehmen wollen. In Thailand passiert dies ständig – vorher wird nicht einmal gefragt. Stellt euch auch darauf ein, dass die Thais Fotos von euren Kindern machen werden – oft ungefragt. Da wird dann schnell das Smartphone gezückt und rasch ein Selfie mit dem blonden, kleinen Farang (Ausländer) gemacht. Überlegt euch, wie ihr dieser – aus unserer westlich geprägten Sicht – grenzüberschreitenden Verhaltensweise begegnen wollt. Nicht immer werder ihr sie verhindern können. Seid respektvoll und lächelt und gebt eurem Gegenüber zu verstehen, dass ihr ein wenig mehr Abstand möchtet. Gleichzeitig seid ihr mit Kindern überall noch willkommener und sehr häufig wurden wir bevorzugt behandelt (bspw. in Warteschlangen).
Erwartet allerdings nirgendwo extra Wickelräume – oft sind die Sanitäranlagen ohnehin in einem unzureichenden Zustand. Nehmt also Feuchttücher und Desinfektionsgel mit. Grundlegenden Babybedarf erhaltet ihr in jedem 7/11 oder Supermarkt. Windeln sind nicht ganz günstig und häufig nur in großen Packungen erhältlich. Den Kinderwagen/Baggy lasst ihr am besten zu Hause. In der Regel sind die Bürgersteige zu schlecht und gerade in Bangkok gibt es zu viele Füßgänger und Autos, sodass ihr damit keinen Spaß haben werdet. Am flexibelsten ist eine Trage.
Rayong ist kein Touristengebiet. Hier fahren also kaum öffentliche Verkehrsmittel, auch nur wenige Taxis. Ihr benötigt unbedingt ein eigenes Transportmittel: entweder ein Auto oder ein Zweirad. Nach Koh Samet kommt ihr aber auch so: entweder bucht ihr den Transport von Bangkok oder Pattaya aus.
- Eine sehr gute Einführung in Thailands Geschichte allgemein findet ihr in Thailand’s Political History: From the 13th Century to Recent Times von B. J. Terwiel