Koh Samui
Koh Samui war das Paradies. Dann kamen die Menschen aus allen Teilen der Welt und nahmen sich, was ihnen gefiel: die Strände, das Meer, die Palmen, das Volk. Zurück bleibt eine eroberte Insel, noch immer schön und reich an Natur, doch deutlich gezeichnet vom Phänomen des Pauschaltourismus.
Bilder, die Anfang der 90er aufgenommen worden waren, zeigen Chris als Kleinkind spielend am Strand. Im Hintergrund dichte Palmenwälder, die fast bis zum Wasser ragen. Ein paar klapprige Strandliegen, so gut wie keine Touristen. Seitdem hat sich die Insel stark gewandelt.
Ein internationaler Flughafen mit dichtem Flugplan. Ein außer Kontrolle geratendes Müllproblem. Entwaldung, Klimaanpassung und Wasserverschmutzung. Probleme, die ein schneller Blick hinter die Traumfassade zeigt. Die idyllischen Palmenhaine am Strand aus der Erinnerung – nahezu überall ein Relikt der Vergangenheit. Der Wirtschaftssektor „Tourismus“ wuchs, doch wie fast immer in solchen Fällen wuchs der Wohlstand der Bevölkerung nicht gleichermaßen.
Koh Samui bietet genau das, was Touristen suchen: Unterkünfte am Wasser. Günstige Preise. Ein Überangebot an Restaurants, Nahrung und Supermärkten. Eine bequeme Erreichbarkeit. Eine geordnete, gezähmte Natur, die keine Risiken und Gefahren bereit hält. Es genügt der tägliche Weg vom Frühstücksraum zur Strandliege – ein Lächeln, bitte kein Müll, einzeln verpackte Butter und dreimaliges Duschen, denn der Schweiß rinnt unaufhörlich aus den Poren. Leichte Mädchen gibt es um die Ecke. Das große Ganze außenrum interessiert nicht.
Ja, Koh Samui und seine umliegenden Inseln bleiben Traumziele für gestresste Mitteleuropäer und wärmeliebende Familien. Aber es sind Orte wie Koh Samui, Scharm El-Scheich, Antalya, ja sogar einst Mallorca, die das Reisen demokratisiert und erschwinglich gemacht haben. Jeder kann an Sonne, Strand und Palmen teilhaben, jeder darf sich für einen Moment im Paradies wähnen.
So reisen Menschen aus allen Ländern zum „Big Buddha“, machen Fotos, machen Selfies. Über die Köpfe brausen die startenden Flugzeuge des nahegelegenen Flughafens hinweg. Touristen umrunden die Inseln mit Rollern, quetschen sich in Sammeltaxis und teilen sich die Strände. Sie feiern sich und das Leben auf den legendären Full Moon Partys auf Koh Phangan. Sie vergessen den Alltag und alles, was hinter ihnen liegt. Koh Samui ist eine Illusion. Aber Tourismus – Reisen im Allgemeinen – ist immer eine Illusion.
Wir springen ins warme Meer vor Koh Phangan und schwimmen hinüber zum Ufer. Mit dem Segelboot haben wir einen etwas abgelegeren Teil der Insel angesteuert, dazu ist Nebensaison. Es ist also nicht allzu viel los.
Ein Strandspaziergang, eine eiskalte Kokosnuss, in der Sonne trocknen und warten, bis die Dämmerung hereinbricht. Der Himmel färbt sich dunkelblau, orange und rote Streifen, ein wenig Rosa. Fischerboote ankern vor der Küste. Ihre grünen Lichter ziehen Squids magisch an. Aus einer nahgelegenen Bar hören wir das Klirren von Gläsern, Lachen und eine übersteuerte Musikanlage. Wir sitzen im noch immer warmen Sand, vor uns das offene Meer, hinter uns die Insel.
Mehrfach waren wir auf Koh Samui, in unterschiedlichen Jahren und Jahrzehnten. Wir kamen mit dem Bus, der Fähre, dem eigenen Auto, dem Flugzeug. Wir brachten Geld, unterstützten mit unserer Anwesenheit Restaurantbetreiber, Servicekräfte, Hotels, Rollerverleiher … Aber wir waren auch ein Bestandteil des Problems. Wir sind Fluch und Segen wie jeder Tourist. Man könnte einen positiven Ansatz finden: Wem nützt das Paradies, wenn nicht dem Menschen? Sollten wir nicht alle an der Schönheit der Welt teilhaben dürfen?
Man kann es aber auch kritisch formulieren. Wir zerstören, was wir sehen wollen, indem wir es sehen. Langsam zwar, aber stetig. Die Menschheit wächst. Die Zahl der Reisenden steigt, nicht aber die Größe der Welt. Die Ressourcen sind endlich.
Infos zu unserer Reise
Keine Frage: Koh Samui ist schön und es lohnt sich. Chris war als Kind mehrfach auf der Insel und später waren wir gemeinsam dort. Die Regierung versucht, den Charme der Insel zu bewahren, indem sie bspw. mehrstöckige Hotelanlagen verbietet (kein Haus darf höher wie eine Palme sein). Noch könnt ihr auf Koh Samui alles finden: ruhigere Ecken, Dschungel, Wasserfälle, Trekking, Party, volle Strände, Bars und natürlich Sex für Geld. Die touristische Infrastruktur ist also bestens ausgebaut. Wie lange ihr auf Koh Samui bleibt, hängt von euren Wünschen ab. Manch einer verbringt zwei Wochen lang jeden Tag am Strand, der andere gleich einen Monat. Wenn ihr ein wenig die Insel erkunden und euch am Meer erholen wollt, sind sieben bis zehn Tage ideal.
Grundsätzlich versuchen wir immer in Städten oder Regionen, die von Over-Tourism bedroht sind, folgende Ratschläge umzusetzen:
- Übernachtung in kleineren, inhabergeführten Guesthouses oder B&Bs
- Müll reduzieren und ressourcenschonender Umgang
- eine ökologische Anreiseform wählen
- nicht den geizigen Touristen spielen
- auch Sehenswürdigkeiten ansteuern, die etwas abseits der Touristenpfade liegen
- Mindestens einen positiven Impact hinterlassen (Müll aufsammeln, etwas spenden, ein hochwertiges Souvenir kaufen, eine Freundschaft schließen)
All diese Punkte lassen sich relativ leicht umsetzen und ermöglichen euch einen einzigartigen Urlaub, von dem eure Reiseregion profitieren kann.
Auf Koh Samui findet ihr eine tolle Bandbreite an Restaurants und Hotels. Von einfach und günstig bis hin zu teuer und luxuriös. Dementsprechend breit ist auch das Publikum. Backpacker, Familien, Städter, die sich auf der Insel erholen möchten, und Langzeiturlauber finden hier zusammen.
Unser letzter Aufenthalt auf Koh Samui war 2018. Tagsüber waren wir oft unterwegs und aßen etwas an der Straße und abends in kleineren Restaurants. Wir haben keine speziellen Empfehlungen – geht raus und probiert euch durch 🙂
Die Hauptorte sind Bo Phut und Chaweng Beach. Hier ballen sich die Hotels und Touristen. Ruhiger geht es im Westen und Süden der Insel zu. Lamai im Südosten ist der perfekte Kompromiss aus entspannter Atmosphäre und einem guten touristischen Angebot. Dies wäre unsere erste Wahl für ein mehrtägiges „Basislager“.
Koh Samui hat sehr touristische Ecken mit Rotlichtvierteln und Bars zu bieten. Hier versteht es sich von selbst, Vorsicht walten zu lassen. Gerade die Full Moon Partys auf Koh Phangan sind immer wieder in den Nachrichten wegen Missbrauchs des Betäubungsmittelgesetzes, Vergewaltigung oder Gewaltverbrechen. Streicht die Full Moon Party am besten ganz aus eurem Reiseprogramm. Nicht nur wegen der Kriminalität dort, sondern auch den negativen Auswirkungen auf die Umwelt und lokale Bevölkerung.
Die thailändische Gesellschaft ist sehr offenherzig und vernarrt in Kinder. Nicht selten stand eine Traube von Thais (hauptsächlich Frauen) um unseren Jungen herum. Der Umgang der Thais ist ein anderer, wie wir ihn in Europa gewöhnt sind. Wir würden niemals zu einem fremden Kind gehen und es auf den Arm nehmen wollen. In Thailand passiert dies ständig – vorher wird nicht einmal gefragt. Stellt euch auch darauf ein, dass die Thais Fotos von euren Kindern machen werden – oft ungefragt. Da wird dann schnell das Smartphone gezückt und rasch ein Selfie mit dem blonden, kleinen Farang (Ausländer) gemacht. Überlegt euch, wie ihr dieser – aus unserer westlich geprägten Sicht – grenzüberschreitenden Verhaltensweise begegnen wollt. Nicht immer werder ihr sie verhindern können. Seid respektvoll und lächelt und gebt eurem Gegenüber zu verstehen, dass ihr ein wenig mehr Abstand möchtet. Gleichzeitig seid ihr mit Kindern überall noch willkommener und sehr häufig wurden wir bevorzugt behandelt (bspw. in Warteschlangen).
Erwartet allerdings nirgendwo extra Wickelräume – oft sind die Sanitäranlagen ohnehin in einem unzureichenden Zustand. Nehmt also Feuchttücher und Desinfektionsgel mit. Grundlegenden Babybedarf erhaltet ihr in jedem 7/11 oder Supermarkt. Windeln sind nicht ganz günstig und häufig nur in großen Packungen erhältlich. Den Kinderwagen/Baggy lasst ihr am besten zu Hause. In der Regel sind die Bürgersteige zu schlecht und gerade in Bangkok gibt es zu viele Füßgänger und Autos, sodass ihr damit keinen Spaß haben werdet. Am flexibelsten ist eine Trage.
Eine bequeme Möglichkeit, überhaupt nach Koh Samui zu kommen, ist der Nachtbus oder Zug von Bangkok nach Surat Thani. Von dort gelangt ihr mit der Fähre rüber zur Insel. Der Flughafen auf Koh Samui steht euch auch zur Verfügung, manchmal ist ein Flug nach Surat Thani auf dem Festland jedoch erheblich günstiger. Auf der Insel steigt ihr einfach in eines der Sammeltaxis, die entweder immer im Kreis fahren oder zwischen zwei Punkten hin- und herpendeln. Seid ihr in der Nähe eures Hotels, klingelt ihr und der Fahrer hält an, um euch aussteigen zu lassen. Vor Ort mietet ihr euch dann am besten einen Roller, um die Insel zu erkunden.
- Eine sehr gute Einführung in Thailands Geschichte allgemein findet ihr in Thailand’s Political History: From the 13th Century to Recent Times von B. J. Terwiel