GENUA

Hafenstädte sind ein Portal in eine andere Welt. Waren sie in den letzten Jahrhunderten oftmals Startpunkt einer wagemutigen Seereise zu weit entfernten und unerforschten Orten, sind sie heute immer noch wichtige Knotenpunkte für den Schiffsverkehr. Umschlageplatz für Güter oder – im Falle vieler Autoreisender – der Ort, wo das Abenteuer beginnt.

View over Genoa

Für uns ist Genua eine Etappe auf dem Weg von Deutschland nach Sardinien: hier legt unsere Fähre nach Olbia ab. Als wir morgens auf einem kleinen, aber vollen Campingplatz westlich der Hafenstadt aufbrechen und uns im dichten Verkehr über eine Autobahn in das Zentrum der Stadt wühlen, steigt unsere Vorfreude. Am Abend werden wir die Fähre befahren – unsere erste Fährtfahrt mit Herrn Lux – bis dahin haben wir den ganzen Tag Zeit, die Stadt zu erkunden.

Das Herz einer Stadt ist ihr Markt. So verschlägt es uns zuerst zum Mercato Orientale, der unweit des Stadtzentrums liegt. Wir lieben das frische und exotische Angebot solcher Märkte und sie zeigen die volle Palette an Kulinarik der jeweiligen Region. Die Farben und Formen von Gemüse und Obst sind dabei besonders farbenprächtige Motive für das Reisefotobuch.

Zwischen den historischen Gassen, die sich eng aneinander schmiegen, entfaltet sich das ganze Leben. Häuser drücken sich an Häuser, hin und wieder schafft eine Piazza etwas Raum und Luft. Ein Labyrinth, das Abbild der Welt im Kleinen. Wir wechseln von Gassen mit Szenebars zu Gassen mit touristischen Handwerksläden. Dahinter das Rotlicht-Viertel: Hier stehen die Häuser so dicht, dass kaum Licht bis zum Boden fällt. Es riecht nach Fäkalien. Müde Frauen stehen in hohen Schuhen gelangweilt in dunklen Ecken. Nicht weit entfernt: die Kathedrale von Genua, bewacht von zwei Löwen am unteren Ende der Steintreppe.

Cattedrale di San Lorenzo
Art Store in the Center of Genoa
Small Alley in the Center of Genoa
Mural at Palazzo San Giorgio

Genua ist keine grüne Stadt. Mit dem historischen Aufzug, dem Ascensore Castelletto Levante, fahren wir hinauf zu einem Aussichtspunkt. Von hier aus könnte man sagen: Genua ist auch keine schöne Stadt. Und doch gefällt sie uns. Vielleicht gerade wegen ihrer Schmuddeligkeit, ihres Chaos und all des Lebens auf so engem Raum. Und gewiss, weil Genua für uns das Tor zur Welt ist.

Mit Espresso und Eis gestärkt, schlendern wir schließlich hinunter zum Hafen. Wir sehen viele Autos, mehrspurige Straßen, wenige Einheimische, dafür umso mehr Afrikaner, die wohl hier gestrandet sind und mit verschiedenen Tricks versuchen, etwas Geld zu verdienen. Ein leichter Nieselregen setzt ein.

Port of Genoa

Am späten Abend hat sich die Sonne wieder hervorgekämpft. Die Straße zum Fährhafen ist gesperrt, die Umleitung ist notdürftig ausgeschildert, sodass wir Extrarunden drehen müssen, bis wir endlich die Hafeneinfahrt finden. Im Bauch des Schiffes findet Herr Lux seinen Platz für die Nacht und wir beziehen unsere Kabine. Noch vor einem Jahr hätten wir uns diesen Luxus nicht gegönnt und so wie manch anderer Passagier in einer Ecke auf dem Boden des Atriums geschlafen. Mit Baby keine Option mehr.

Als die blaue Stunde einsetzt und wir aus dem Hafen gleiten, begeben wir uns auf das höchste Deck des Schiffes. Wir winken Genuas majestätischem Leuchtturm, während wir Kurs auf Sardinien nehmen.

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