Kroatien
Land der Inseln, Steinstrände und malerischen Küsten. Ein Land, so reich an Kultur und pittoresker Landschaften. Könnte es ein besseres Reiseziel geben? Von Süddeutschland nicht einmal einen halben Tag Autofahrt entfernt lassen sich azurblaue Küsten und mediterranes Klima genießen. Die Städte sind so abwechslungsreich wie kaum an einem anderen Ort: römische Amphitheater, barocke und klassizistische Bauwerke, kommunistische Betonbauten und moderne Hochhäuser stehen oft unweit voneinander entfernt. Und wer genug von den Städten hat, fährt raus auf eine der Inseln oder zu den riesigen Wasserfällen und Naturparks. Kroatien macht Lust, entdeckt zu werden.
Eine breite, mehrspurige Straße führt uns in die Innenstadt Zagrebs. Die Randbezirke sind grau und von jugoslawisch-kommunistischen Hochhäusern übersät. Der wahre Charme der Stadt zeigt sich erst, wenn man den Hauptbahnhof hinter sich lässt. Wunderbar angelegte Parks sind ein kühler Rückzugsort an diesem heißen Sommertag. Am Brunnen vor dem Kunstpavillon spielen Kinder im eisblauen Wasser. Cafés, Bars und Restaurants finden sich in den schmalen Gassen der Innenstadt zuhauf. Am Ban-Jelačić-Platz rauschen die Straßenbahnen vorbei. Passanten strömen hastig in die Läden und Einkaufszentren. Straßenkünstler musizieren und zeigen ihre kleinen Shows.
Hinter einer Häuserreihe entdecken wir einen großen Markt unter freiem Himmel. Welke Blumen liegen zerdrückt auf dem Boden. Der Duft von Fleisch und Käse hängt noch schwach in der Luft. Wir sind zu spät, die meisten Verkäufer haben ihre Waren bereits eingepackt. Nur einen Steinwurf entfernt ragen die beiden Türme der Kathedrale von Zagreb auf. Das Sonnenlicht dieses späten Nachmittags taucht sie in Gold. Gläubige strömen erwartungsvoll hinein. Die Glocken läuten. Teenager schlendern vorbei zur nahegelegenen Partygasse. Zagreb lebt.
Es sind die Details, die Zagreb so wunderbar machen und viel über die Vergangenheit erzählen. Fußgängerunterquerungen, in denen zu Kriergszeiten die Menschen Schutz gesucht hatten. Versteckte Eingänge, die zu Luftschutzbunkern hinabführen. Eine selbstbewusste Jugend, die nach Freiheit und Anerkennung strebt. Der Versuch von Kunst und Architektur, das Kommunisten-Grau abzuschütteln. Der Anzünder der Gaslaternen in der Altstadt, der Tradition und Geschichte in die Gegenwart zurückholt. Der so unterschiedliche Baustil der Gebäude, mitunter im Art-Nouveau- und Neorenaissance-Stil. Die kleinen Hinterhöfe der Wohnhäuser. Die renovierten Gassen in der Oberstadt und die Geschichten, die man über das alte Zagreb zu hören bekommt.
Zagreb ist vielleicht nicht die Partymetropole schlechthin. Dennoch bevölkern ausgehwütige Touristen und Einheimische an diesem heißen Sommerabend die Stadt. Eine Aussichtsplattform neben der Kirche der Heiligen Katharina eröffnet einen großartigen Blick über die roten Dächer der Stadt. Von hier oben zeigt sich das bunte Potpourri so richtig. Alle Jahrhunderte der Architektur Mitteleuropas sind vertreten. Durch eine mit Graffiti beschmierte Gasse drängen wir vorbei an singenden und tanzenden Menschen. Den Abend lassen wir auf der Tribüne eines verlassenen Sportfeldes auf einem nahegelegenen Hügel ausklingen. Die Weite des Feldes, die menschenlose Ruhe sowie der Trubel in der unter uns liegenden Stadt machen den Moment perfekt.
Wer sich in den östlichsten Teil des Landes verirrt, sollte einen Spaziergang durch die beschauliche Stadt Osijek einplanen. Umgeben von Weingütern und Sumpfgebieten liegt dieses kulturelle Zentrum inmitten der Provinz Slawonien. Der Großteil der Häuser ist aufgehübscht. Einzelne Einschusslöcher in den Fassaden zeigen noch die Spuren des Befreiungskrieges vom jugoslawischen Reich. Während wir in Deutschland die Geschichte lediglich aus Büchern kennen, ist sie in den Balkanstaaten eine lebende Erinnerung. Menschen unseren Alters habe ihre Kindheit in Bunkern und auf der Flucht verbracht. Der Krieg tritt hier hervor, lässt sich anfassen und lässt ein flaues Gefühl im Magen entstehen.
Eine wahre Kuriosität liegt nur knapp 30 Kilometer von Osijek entfernt. Im Sumpfgebiet der Donau, die die Grenze zwischen Kroatien und Serbien bildet, gibt es ein kleines Stück Terra Nullius. Land, das von keinem Staat beansprucht wird. Hier hat der Tscheche Vít Jedlička die Republik Liberland ausgerufen. Alle Versuche, Infrastruktur und Gebäude zu bauen, scheiterten am Widerstand der kroatischen Grenzbeamten. Auch unser Versuch, das Sumpfgebiet an der Donau zu erreichen, missglückt. Nur mit dem Fahrrad lassen sich die zehn Kilometer von der nächstgelegenen Stadt bis zum Grenzland zurücklegen. Doch unser Bemühen, Fahrräder aufzutreiben, bleibt erfolglos. So suchen wir uns ein idyllisches Camp am Rand eines Maisfeldes und lassen den heißen Augusttag ausklingen.
Menschenmassen drängen sich durch die engen Gassen. Es ist nahzu unmöglich, gegen den Strom zu schwimmen. Die interessanten Orte sind nur für Geld zu besichtigen. Der Eintritt zur Stadtmauer kostet so viel wie der Eintritt in einen Freizeitpark. Essen und Getränke sind gleichfalls unbezahlbar.
Dubrovnik ist eine Stadt, die ertrinkt. So wie Venedig und Barcelona. Es geht nicht ohne Touristen, zu schön ist das viele Geld, es geht aber auch nicht mit ihnen. Die Preise steigen, doch die Touristen werden nicht weniger. Wir fragen uns, wie viel Stadt und wie viel Kulisse ist Dubrovnik? Einerseits ist es ein wunderbarer Ort voller Geschichten und Erlebnisse. Andererseits kommen die Leute wegen Game of Thrones und den kunstvoll inszenierten Instagram-Bildern her. Realität und Illusion werden so zu einem Brei. Die Stadt wird zu einer fantasievollen Disney-Welt.
Wir flüchten die Küste entlang nach Split. Hier erwartet uns ein authentischeres Erlebnis. An einer Wäscheleine zwischen zwei Hauswänden trocknen Betttücher. Auf den Fensterbrettern der lehmverputzten Häuser stehen Topfpflanzen. Ein Konzert vor dem Nationaltheater, prächtige Segelschiffe im Hafen. Der Diokletianpalast ist eine Ruine im Stadtzentrum, nein – er ist das Stadtzentrum. Zwischen den Überresten des römischen Palastes lässt sich spielend leicht ein Tag füllen. Beinahe fühlen wir uns in der Zeit zurückversetzt, als schlenderten wir durch die Straßen des römischen Kaiserreichs.
Am Nachmittag folgen wir der palmengesäumten Hafenpromenade zum Marjan, einem kiefernbedeckten Hügelgebiet westlich der Stadt. Dort erklimmen wir den höchsten Punkt, während der Himmel lila wird. Ein Kreuzfahrtschiff verlässt den Hafen, zieht eine Spur von Wellen hinter sich her. Hinter den steinigen Bergen am Rand der Stadt versinkt die Sonne.
Vielleicht braucht es warmes Klima, leidenschaftliche Menschen, eine salzige Meeresbrise und ein im Herzen loderndes Feuer, damit eine Region so schön und reich an Kultur sein kann wie Italien, Südfrankreich, Andalusien, Griechenland oder eben Kroatien. Es gibt noch so viele Orte, die wir in Kroatien sehen wollen. Von den Plitvicer Seen bis hin zu den eintausend Inseln im türkisfarbenen Wasser. Ob mannigfaltige Städte oder stille Buchten – an einzigartigen Orten mangelt es nicht. Und immer wieder zieht uns Kroatien mit seiner unverwechselbaren Schönheit in den Bann.
Infos zu unserer Reise
Unserer Meinung nach ist Kroatien ein fast schon unterbewertetes Reiseland. Neben seiner Küste hat es noch so viel mehr zu bieten: Unglaublich schöne Städte, unheimlich viel Geschichte, Kultur und Tradition. Eine hervorragende (touristische) Infrastruktur und weitläufige Nationalparks. Hier sollte wirklich jeder das finden, was er im Urlaub sucht, ganz gleich ob es Erholung oder Aktivurlaub ist. Noch ein Pluspunkt: Ihr seid in der EU und genießt sowohl eure heimische Datenflatrate als auch seit 2023 das einfache Bezahlen mit dem Euro. Außerdem liegt das Preisniveau in Kroatien – verglichen mit Deutschland – um ein gutes Stück niedriger.
Wie bereits erwähnt liegt das allgemeine Preisniveau etwa 20% unter dem deutschen. Insbesondere abseits der großen Küstenstädte könnt ihr gut und günstig essen und schlafen. In den Touristenhochburgen hingegen sind die Preise in der Regel brutal überzogen und ihr erhaltet im Gegenzug keine akzeptable Qualität.
Wie alle Balkanstaaten ist auch die kroatische Küche sehr fleischlastig. Ćevapčići mit Ajvar gibt es eigentlich immer und überall zu essen. An Burek oder Sarma merkt ihr den türkischen Einfluss. Dank der Nähe zu Italien könnt ihr auch hervorragend Pizza und Pasta essen, tolle Weinbauregionen hat Kroatien übrigens auch. Der ideale Snack zum Mitnehmen, oder wenn es einmal schnell gehen muss, ist Pljeskavica: Fleisch im Fladenbrot. Auch der Đuveč-Reis bzw. -eintopf ist eine leckere Beilage. In der Küstenregion gibt es natürlich vorwiegend Fisch und Meeresfrüchte. Achtet nur darauf, welche Restaurants ihr dort anlauft. Zu schnell landet ihr in einer Tourifalle mit winzigen Portionen, günstigen Zutaten, schlechter Qualität und hohen Preisen. Gerade in Split und Dubrovnik fielen uns solch überteuerte Restaurants auf.
In Zagreb und Split übernachteten wir in Airbnbs, die wir euch nicht weiterempfehlen können bzw. die es auch nicht mehr gibt. Solltet ihr jemals in den Osten von Kroatien fahren und dort in die Region um Osijek, dann empfehlen wir euch unbedingt den Campingplatz Camping Suza Baranje. Er ist idyllisch am Feldrand gelegen, es gibt schattenspendende Bäume und einen kleinen Teich. Die Preise sind in Ordnung, die Sanitätanlagen sauber und zusätzlich könnt ihr euch Fahrräder leihen. Aber Achtung: Als wir ankamen, war der Empfang unbesetzt. Eine Infotafel am Campingplatz wies darauf hin, dass abends die Möglichkeit zum Checkin besteht. Wenn ihr also Fahrräder leihen wollt, geht dies erst für den nächsten Tag, falls die Rezeption wie bei uns tagsüber unbesetzt ist.
Kriminalität spielt in Kroatien kaum eine Rolle. Selten kommt es zu schweren Erdbeben. Kleinere Erschütterungen, die kaum zu spüren sind, kommen sehr häufig vor. In den Grenzgebieten, insbesondere zu Serbien (östlich von Osijek) und Richtung Bosnien und Herzegowina gibt es immer noch Landminen. Hinweisschilder weisen in aller Regel auf die Gefahr hin. Wege sollten hier also nicht verlassen werden!
Kroatien ist ein modernes und sicheres Land mit einer gut ausgebauten Infrastruktur. Einem Familienurlaub steht also nichts entgegen. Gerade die Vielzahl der Inseln mit ausgezeichneten Badestellen sowie Nationalparks mit Wasserfällen und zum Wandern einladenden Seengebieten eignen sich für Kinder zum Spaßhaben und Entdecken. Die kroatische Küche ist kindsgerecht und die Anfahrt aus Deutschland gestaltet sich sehr einfach.
Eine Kroatienreise lässt sich wohl am besten mit eigenem Auto bzw. Mietwagen umsetzen. Wie gut der ÖPNV ist, können wir nicht beurteilen. Das Straßennetz zumindest ist gut ausgebaut. Mittlerweile könnt ihr auch in die Exklave Dubrovnik über die Pelješac-Brücke fahren, ohne nach Bosnien ausreisen zu müssen. Das erspart euch einen Grenzübertritt ins Nachbarland Bosnien und Herzegowina.
Zagreb und Split sind überschaubare Großstädte. Alle interessanten Sehenswürdigkeiten und Attraktionen könnt ihr zu Fuß erkunden. Maut zahlt ihr direkt an der Autobahn, ab 2025 soll es eine E-Vignette geben.
Offroadfahren: Wir sind keine Offroadtracks in Kroatien gefahren. Die Situation ist ähnlich wie in Deutschland: Entweder sind die Routen nicht legal befahrbar oder uninteressant. Für Offroadfahrer spannend wird es erst ab Bosnien und Herzegowina.
- Wer sich für die moderne Geschichte der Balkanregion interessiert, dem sei die Geschichte Jugoslawiens von Marie-Janine Calic ans Herz gelegt
- Ludwig Steindorff hingegen zieht einen großen Bogen vom Mittelalter bis zur Gegenwart in seiner Geschichte Kroatiens
- Eine besondere Empfehlung für Entdecker ist Lost Places in Kroatien der Autoren Georg Lux und Helmuth Weichselbraun